Schnarch vertritt die Ansicht, dass Kompromisse nur
den Zeitpunkt hinauszögern, an dem in das Paar Farbe bekennen muss, ob und wie es
das gemeinsame Leben weiterführen will.
Wir gehen in einer romantischen Vorstellung
fälschlicherweise davon aus, dass zwei Liebende füreinander geschaffen sind.
Spätestens nachdem aber die hormongesteuerte Verliebtheit abgeklungen ist, wird
das Paar feststellen, dass sie zwei verschiedene Personen mit verschiedener Sozialisation
und verschiedenen Werten sind.
Tauchen die ersten Konflikte auf, versucht das Paar
häufig mit Hilfe von Verzicht oder Kompromissen weiterhin in der Komfortzone
der Verliebtheit zu bleiben. Dies schafft aber auf Dauer nur, wer sehr
leidensfähig ist. Irgendwann kommt der Konflikt, in dessen Verlauf nicht mehr
verzichtet werden kann und auch kein Kompromiss mehr möglich ist. Das ist der
Moment, in dem all die kleinen Demütigungen, welche durch Verzicht und
Kompromisse erzeugt wurden, lawinenartig über das Paar hereinbrechen.
Eine Lawine aus all den kleinen Peanuts, welche
einzeln betrachtet als zu unwichtig angesehen wurden um einen Konflikt zu
provozieren, können in ihrer Gesamtheit eine Beziehung hinwegfegen. Da wird
alles ausgepackt, was irgendwann einmal geschluckt wurde. Und das ist in jeder
Beziehung auf beiden Seiten zwangsläufig einiges.
Schnarch plädiert nun dafür, dies nicht geschehen
zu lassen, indem das Paar sehr früh das Erreichen der kritischen Masse zulässt.
Mit der kritischen Masse meint er den Moment, in dem die Angst und der Druck
nicht mehr verdrängt werden können und eine fundamentale Veränderung möglich
wird. Je später das geschieht, umso heftiger und unkontrollierbarer wird diese
Veränderung sein.
Das Paar, welches also schafft diesen
entscheidenden Punkt früh zu erreichen, gewinnt in jedem Fall. Vielleicht merkt
es, dass es nicht zusammenpasst und trennt sich zu einem Zeitpunkt, in dem die
Demütigungen noch nicht so tiefe Spuren hinterlassen haben, dass es als Feinde auseinandergeht.
Oder es rauft sich zusammen und akzeptiert seine
Verschiedenheit. Ein Paar welches das schafft und beschliesst weiterzumachen,
hat gute Chancen auf ein gelingendes Leben - auf eine gelingende Liebe.
Das Paar welches diesen Punkt gemeinsam überwindet,
wird merken, dass es wichtig ist sehr differenziert mit der Verschiedenheit der
beiden Partner umzugehen. Im Idealfall sucht es sich einen Coach um die
wichtigen Punkte zu klären oder einen Therapeuten, wenn schon sehr
tiefgreifende Verletzungen passiert sind.
Kompromisse bilden ein Kartenhaus, welches
irgendwann zusammenfällt. Einen Partner zu lieben heisst, sich mit seinen und
meinen schwierigen Seiten auseinanderzusetzen, sobald die Verliebtheit vorbei
ist.
werkraum-mediation.ch
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