Dienstag, 27. März 2018

Dir zahl ich's heim - ich habe Rechtsschutz!


Etliche Rechtsschutzversicherungen zahlen mittlerweile auch eine Konfliktlösung mittels Mediation - genutzt wird dies kaum.
Wenn ich schon eine Rechtschutzversicherung habe, dann soll gefälligst das Gericht den Streit lösen. Schliesslich habe ich jahrelang Prämien bezahlt.
Vor allem bei nachbarschaftlichem oder arbeitsplatzbezogenem Streit halten sich Konfliktparteien gerne an diesen Grundsatz. Was ist daran falsch?
Vieles!
Ein Gericht löst einen Streit nicht – es wägt ab und fällt einen Richterspruch. Dieser wird kaum beide Parteien befriedigen, denn Wahrheit und Gerechtigkeit sind zwei äusserst subjektive Wesen.
Die unterlegene Partei wird das Urteil als höchst ungerecht empfinden, da aus ihrer Sicht das Recht ganz klar auf ihrer Seite war.
Der Konflikt wird unter neuen Vorzeichen weitergeführt. Der Verlierer wird bei nächster Gelegenheit versuchen zum Gewinner zu werden, die Eskalationsspirale dreht sich weiter.
Wer möchte unter solchen Vorzeichen weiter nebeneinander wohnen oder miteinander arbeiten.

Einen Konflikt können nur die Beteiligten selbst lösen. Oft schaffen sie das – sie reden miteinander. Oft gelingt dieses miteinander reden nicht, es braucht Hilfe dazu. Diese Hilfe kann Mediation bieten. Ein strukturiertes Vorgehen hilft die unterschiedlichen Standpunkte zu akzeptieren. Es geht nicht mehr darum Recht zu haben, sondern wie wir unsere persönlichen Wahrheiten zu einer neuen
gemeinsamen Wahrheit entwickeln können.
So führt Mediation zu einer effektiven Lösung des Konfliktes - und die Rechtsschutzversicherung zahlt das sogar noch!

Donnerstag, 15. März 2018

Zwölf zu null für die Anwälte


Wer in meiner näheren Umgebung einen Anwalt sucht, muss sich zwischen zwölf verschiedenen Anwaltskanzleien entscheiden. Diese zwölf Kanzleien beschäftigen geschätzt über 20 Anwältinnen und Anwälte, welche sicherlich ein zum Leben gut ausreichendes Auskommen erwirtschaften.
Wer einen Mediator oder eine Mediatorin braucht, sucht vergeblich. Es gibt keine einzige Mediationskanzlei, welche ihre Geschäftstätigkeit hauptsächlich auf die Mediation legt.
Zwar schmücken sich einige Anwälte in ihrer CV auch mit dem Titel Mediator. Fragt man aber genauer nach, so erfährt man durchwegs, dass sie ja eigentlich keine Mediationen im engeren Sinne durchführen, sondern mediatives Handeln in ihre anwaltliche Tätigkeit einfliessen lassen.

Fasst man den Horizont etwas weiter, erfährt man auch von arrivierten Mediatoren aus andern Regionen, dass die Mediation im allerbesten Fall einen Anteil von 30-40% ihrer beruflichen Tätigkeit ausmacht. Und auch hier hört man oft die Aussage, dass Mediationen im engeren Sinne doch eher selten sind und der Hauptfokus auf mediativem Handeln liegt.
Schon länger tätige Mediatoren und Mediatorinnen berichten, dass sie bei der Einführung der Schweizerischen Zivilprozessordnung im Jahre 2011 eigentlich mit dem Durchbruch der Mediation rechneten. In der ZPO wird in Artikel 213 – 219 explizit auf die Möglichkeit der Mediation hingewiesen. Sie wurde damit aus dem Dunstkreis der obskuren Lebenshilfen hervorgehoben und ihre Relevanz und Wirksamkeit amtlich verbrieft.
Wo sind nun also die Gründe zu suchen, dass Mediation nach wie vor ein absolutes Nischenprodukt ist und bisher auf breiter Front eigentlich nur bei den Ehescheidungen einigermassen Fuss fassen konnte?

Sicher ist es so, dass amtliche Konfliktlösung in der Bevölkerung nach wie vor bei den Anwältinnen und Anwälten und den Gerichten verortet wird. Man traut diesen Stellen anscheinend nach wie vor zu, neben der Aufgabe Recht zu sprechen auch für Gerechtigkeit sorgen zu können. Das Recht und Gerechtigkeit vor allem in Zivilprozessen oft nicht viel miteinander zu tun haben, ist den Konfliktparteien nicht bewusst.
So ist der Reflex in der Bevölkerung in einem eskalierenden Konflikt meist Ich nehme mir einen Anwalt und nicht Wir suchen uns einen Mediator.
Damit ist der Konflikt bereits auf der anwaltlichen und allenfalls gerichtlichen Ebene. Dass die Anwälte den Konflikt auch auf dieser Ebene lassen, ist verständlich. Sie sind in der Rolle eines Dienstleisters, der ein Mandat von einem Klienten erhalten hat. Es ist nicht ihre Aufgabe ihre Kunden von einem alternativen Produkt zu überzeugen - einem Produkt notabene, welches ihnen einen bedeutend tieferen Stundenansatz beschert.

Die Stellen welche eigentlich die Mediation vermehrt in den Mittelpunkt stellen müssten, sind die Vermittlerämter und die Gerichte. Zu ihnen kommen Fälle, die am Gericht nur rechtlich aber nicht emotional und nicht sozial gelöst werden können. Es wäre an diesen beiden Stellen, nicht einfach auf die Möglichkeit einer Mediation hinzuweisen, sondern die Mediation im gegebenen Fall als die richtige Alternative anzuordnen - im Wissen, dass die Parteien eine Mediation verweigern und auf dem gerichtlichen Weg bestehen können. Ebenfalls denkbar sind  unentgeltliche Mediationen analog zur unentgeltlichen Rechtspflege. Dies würde eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Gericht und Mediatoren bedingen.
Zu oft wird die Möglichkeit einer Mediation aber anscheinend auch von Vermittlern und Richtern auf die Privatautonomie der Parteien abgeschoben, nach dem Motto: Wenn uns jemand den Auftrag zu einer gerichtlichen Lösung eines Konfliktes gibt, so haben wir diesem Wunsch nachzukommen. Dies obwohl die Parteien gerade bei einer anwaltlichen/gerichtlichen Lösung diese Privatautonomie in der Sachfrage abgeben.

Zusammenfassend werden folgende Punkte zu einer Stärkung der Mediation führen:

·       Explizite Mediation muss nahe bei ihrer ursprünglichen Form bleiben. Mediatives Handeln ist sinnvoll und hilfreich, ersetzt in eskalierten Situationen aber keine explizite Mediation. (Darauf, dass mediatives Handeln welches als Mediation verkauft wird kontraproduktiv ist, soll an anderer Stelle eingegangen werden).
·       Vermittler und Richter müssen die angeordnete Mediation zum Standard machen, wenn sie sehen, dass ein Streitfall emotional und sozial vom Gericht nicht adäquat gelöst werden kann. Dabei müssen Vermittler und Richter nicht auf dementsprechende Weisungen und Gesetze warten, die schweizerische Zivilprozessordnung gibt ihnen diese Möglichkeit bereits heute. Dies im Wissen, dass die Parteien eine Mediation verweigern können.
·       Anwälte deklarieren sich im konkreten Fall explizit als Anwalt oder als Mediator. Ein mediativ handelnder Anwalt ist nach wie vor ein Anwalt und kein Mediator. Klärungsbedarf besteht hier vor allem auch für den Anwaltsverband.
·       Mediation erhält in den Medien eine grössere Aufmerksamkeit. Neben den häufigen Rechtskolumnen braucht es dringend auch Mediationskolumnen.

Freitag, 2. März 2018

Versöhnung statt Rache


 


In den Bündner Bergen kamen in einer Lawine mehrere Menschen ums Leben. Der verantwortliche Tourenführer wurde von der Lawine nicht erfasst.
Die Staatsanwaltschaft Graubünden untersuchte den Fall und kam zum Schluss, dass dem Tourenführer kein fehlerhaftes Verhalten vorgeworfen werden kann. Die Untersuchung wurde eingestellt.
Jetzt haben die Angehörigen der Opfer vor Gericht eine erneute Aufnahme des Verfahrens erwirkt.
Was können die Gründe dafür sein:
-          Erhoffen sie sich finanzielle Entschädigungen vom Tourenführer?
-          Wollen Sie den Tod ihrer Angehörigen sühnen und erhoffen sich Gerechtigkeit durch die Verurteilung des Tourenführers?

Losgelöst vom geschilderten Fall kommt es immer wieder vor, dass sich Menschen von einem Gerichtsurteil finanzielle und moralische Gerechtigkeit erhoffen. Nun sagt aber eine alte Juristenweisheit, dass Recht und Gerechtigkeit zwei verschiedene Paar Schuhe seien.
Rechtlich können verschiedene Situationen eintreffen. Dabei ist eine Verurteilung der Verantwortlichen nur eine. Genauso gut kann das Verfahren erneut eingestellt werden, es werden Verfahrensmängel festgestellt oder das Verfahren ist verjährt. Sollte es aber trotzdem zu einem Gerichtsverfahren kommen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Schuldige freigesprochen wird.
Sogar wenn jemand schuldig gesprochen und zu einer Entschädigungszahlung verurteilt wird, ist es in vielen Fällen so, dass diese Zahlungen einfach nicht geleistet werden. Dann müssen neue Prozesse angestrengt werden. Macht die verurteilte Firma oder Privatperson Konkurs, so nützt aber sogar das nichts. Glück hat man, wenn eine Versicherung für die Zahlung aufkommt.

Neben (oder zusätzlich zu) der Verurteilung könnte nun aber auch Versöhnung das Ziel eines Trauerprozesses sein - Versöhnung mit dem Schicksal und mit und für die Person, welche die Verantwortung getragen hat.
Für einen solchen Prozess gibt es die Mediation. Hier ist es möglich die Emotionen einzubringen und Trauer gemeinsam zu leben, aber auch zu überwinden - die Angehörigen der Opfer gemeinsam mit den Verantwortlichen. Denn Opfer sind alle, die Verstorbenen, deren Angehörige und die Verantwortlichen der Tour.
In der Mediation steht nicht die Schuldfrage im Mittelpunkt, sondern die Versöhnung.
Denn das Schicksal hat unser Leben in der Hand – und das Schicksal schert sich nicht um Gerechtigkeit.

www.werkraum-mediation.ch