Montag, 29. April 2019

Sie will - er nicht


Eine Frau erzählt, dass sie ihren Ehepartner mehrmals während ihrer langjährigen Beziehung dazu bringen wollte, sich Unterstützung von aussen holen, um ihre gemeinsamen Konflikten endlich lösungsorientiert besprechen zu können. Er hat nie eingewilligt. Heute vor den Scherben ihrer Beziehung stehend, fragt sie sich: Hätte ich ihn denn zwingen müssen?
Ja!
Wir können unseren Partner nicht zwingen mit uns glücklich zu werden, uns zu verstehen, uns zu lieben – aber wir können ihn/sie dazu verpflichten, sich mit uns und unserer Beziehung auseinanderzusetzen. Beide Ehepartner haben irgendwann, ob auf dem Standesamt, in der Kirche oder bei einer freien Trauung das Versprechen abgegeben, ihre Verantwortung in der Beziehung wahrzunehmen - sie haben sich ein Eheversprechen gegeben. Zu diesem Versprechen gehört zuallererst die Verantwortung, sich ernsthaft mit Konflikten auseinanderzusetzen. Wenn dies im Zweiergespräch nicht mehr möglich ist, so sind beide Partner verpflichtet, Unterstützung von aussen zuzulassen - genauso wie eine Grippe zuerst mit Hausmittelchen behandelt wird, wenn sie aber hartnäckig ist, ganz selbstverständlich ein Arzt zugezogen wird. 
Wie gehe ich aber vor, wenn der Partner von externer Unterstützung bei Beziehungskonflikten nichts wissen will. Klar kann ich dem Frieden zuliebe zurückstecken, es halt weiterhin im Zweiergespräch versuchen – ob’s nützt? Wenn ich resigniere, bröckelt unsere Beziehung schon gewaltig und wird dereinst mit grosser Wahrscheinlichkeit auch in Scherben vor mir am Boden liegen.
Ich bleibe deshalb sinnvoll beharrlich. Nicht heute und morgen muss das Gespräch mit externer Unterstützung erfolgen - aber übermorgen! Wenn es im Gespräch nicht möglich ist meinen Partner mit dieser Forderung zu konfrontieren, ist ein von Hand geschriebener Brief ein gutes Mittel dazu – so persönlich wie damals die Liebesbriefe:
  • Du bedeutest mir viel und ich möchte mit dir eine gelingende Beziehung leben.
  • Wir schaffen es nicht (mehr) unsere Konflikte lösungsorientiert zu besprechen.
  • Wir brauchen externe Unterstützung.
  • Du darfst die Person die uns unterstützt auswählen und den genauen Termin festlegen, er muss aber in den nächsten drei Monaten sein.
  • Wenn du möchtest, unterstütze ich dich gerne dabei.
Und wenn der Partner sich verweigert?
Dann hole ich mir Unterstützung für mich allein. Dies kann in Form eines Coachings sein. So behalte ich die Hoheit über mein Leben und überlasse es nicht dem (Nicht-)Handeln meines Partners.

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Montag, 25. März 2019

Kompromisse sind Gift für die Beziehung


Der Konsens und nicht der Kompromiss steht im Zentrum jeder gelingenden Beziehung. Nur wenn die Bedürfnisse beider Partner befriedigt werden, ist ein Paar in der Lage in Frieden zusammenzuleben oder sich in Frieden zu trennen!

Mit jedem Kompromiss verzichte ich auf etwas das mir wichtig ist - dem «Frieden zuliebe» gebe ich etwas auf. Es mögen auf den ersten Blick Peanuts (Kleinigkeiten) sein, aber diese Peanuts sammeln sich im Laufe der Zeit an. Besonders stark ins Gewicht fallen dabei die stillen Kompromisse, die ich mit mir selbst schliesse, um einen Paar-Konflikt gar nicht erst entstehen zu lassen.
Irgendwann sind aber alle Kompromisse gemacht und dann setzt irgendein kleiner Konflikt eine Lawine in Bewegung, welche das Paar überrollt. Dann wird aus dem bisher äusserlich harmonierenden Paar ein sich im Streit trennendes Paar, welches sich gegenseitig all die eingegangenen Kompromisse aufrechnet.

Konsensorientierte Lösungen zu finden ist herausfordernder. Es gilt dabei seine wahren Bedürfnisse in ein Gespräch einzubringen und gemeinsam Möglichkeiten zu finden, wie beide Partner ihre Bedürfnisse befriedigen können. Da aber solche Bedürfnisse vom Partner oft nicht auf sofortiges Verständnis stossen, braucht es dazu eine sehr hoch entwickelte Gesprächskultur und viel Geduld.

Eine solche Gesprächskultur zu entwickeln ist eine hohe Kunst. Besser gelingt es, wenn mindestens in einer ersten Phase ein externer Gesprächsleiter dem Paar hilft, von ihren Bedürfnissen zu reden und nicht davon, was sie gegenseitig vom Partner erwarten.
Gelingt es dem Paar aber ihr individuellen Bedürfnisse zu akzeptieren, wird die Beziehung gelingen, egal ob die beiden zusammenbleiben oder sich trennen.

Reden wir miteinander

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Montag, 11. Februar 2019

Beziehungscoaching - braucht es das?



Coaching in seiner eigentlichen Form ist heute aus der Wirtschaft nicht mehr wegzudenken. Menschen in Führungspositionen müssen ständig weitreichende Entscheidungen fällen. Da ist es unabdingbar, dass sie ihre Entscheidungswege ständig reflektieren. Dabei hilft der Coach.
Ein Coach ist also kein Berater, er oder sie muss nicht einmal etwas vom Fachbereich des Klienten (des Coachee) verstehen. Ein Coach berät seine Klienten nicht fachlich, sondern führt sie zu ihrem eigenen Wissen und begleitet ihre Auseinandersetzung damit.
Noch vor 30 Jahren brauchte es kaum Coaching. Die Wirtschaft funktioniert nach klaren Regeln und wer etwas flexibel und visionär war, vielleicht es auch einfach so machte wie man es schon immer gemacht hat, der hatte mehr oder weniger Erfolg.
Heute weiss niemand mehr was in einem halben Jahr sein wird, umso wichtiger sind die gut reflektierten Entscheidungswege – und damit das Coaching.

Auch in der Beziehung war früher vieles klarer. In den letzten Jahrzehnten sind aber die religiösen, die gesellschaftlichen und die ökonomischen Zwänge in der Ehe weggefallen.
Was bleibt ist die reine Liebe, wie der Beziehungsforscher Gunther Schmidt konstatiert. Heute entscheidet nur noch die gegenseitige Zuneigung ob ein Paar zusammenbleibt oder nicht. Da aber eine Langzeitpartnerschaft eine stete Abfolge von Konflikten und Krisen ist, macht dies die Sache nicht einfacher. Und sich einfach trennen, wenn es nicht mehr lustig ist, scheint vor allem wenn Kinder da sind auch nicht die allerbeste Möglichkeit.

Diese Öffnung von Partnerschaften weg von äusseren Zwängen hin zu einem selbstbestimmten Mit- oder Auseinander schraubt die Ansprüche an die Partner in schwindelerregende Höhen. Es braucht schon eine sehr hohe Kommunikationskompetenz um all die anfallenden Meinungsverschiedenheiten und Konflikte adäquat bewältigen zu können.
Dazu kommt, dass praktisch in allen Lebensbereichen die Anspruchshaltung der beiden Partner sich auf unterschiedlichem Niveau befindet. Was für den einen absolut in Ordnung ist, ist für den andern inakzeptabel. Während solche Unterschiede bei den Themen Zahnpastatube wieder zuschrauben oder schmutzige Wäsche in den Wäschekorb entsorgen mit einigem guten Willen noch verhandelbar sind, werden sie bei Themen wie der Kindererziehung oder gar der Sexualität zu einer wirklichen Herausforderung für das Paar. Studien haben gezeigt, dass nirgends so wenig über Sexualität gesprochen wird wie in langjährigen Beziehungen.
Der Grund dafür ist überhaupt nicht der, dass sich die beiden sexuell ideal ergänzen und deshalb Gespräche überflüssig wären.
Nach David Schnarch einem bekannten amerikanischen Paartherapeuten ist es so, dass in der Sexualität immer der Partner mit dem tieferen Bedürfnis den Umgang mit und die Häufigkeit von sexuellen Kontakten vorgibt.  Dass hier einiges an Konfliktpotential vorhanden ist, scheint klar.
Wenn Paare sich bei Schnarch nach 10 Ehejahren darüber beklagen, dass ihre Sexualität eingeschlafen sei, so pflegt Schnarch zu antworten: Da bin ich aber froh, dann ist bei ihnen ja alles normal!

Was folgt daraus für die moderne Paarbeziehung? Alle Beziehungsratgeber empfehlen die Kommunikation als Allheilmittel. Das ist sicher nicht falsch. Das Problem ist nur, dass es ausserordentlich anspruchsvoll ist, in einer Langzeitbeziehung ein reflektiertes Gespräch über unbefriedigte Sexualität zu führen, welches nicht sehr schnell mit Vorwürfen und Gegenvorwürfen endet.
Ein Ausweg daraus ist die Hilfe eines Beziehungscoaches in Anspruch zu nehmen. Der Beziehungscoach kommt dann zum Einsatz, wenn es noch keine Paartherapie braucht, wenn also die Beziehung eigentlich noch gut läuft. Die Aufgabe eines Beziehungscoaches ist es auch nicht die Beziehung oder die Partner zu therapieren oder zu beraten, sondern sie in der gemeinsamen Reflektion zu leiten. So schafft es das Paar die anspruchsvollen Themen anzusprechen und Kommunikationsmuster einzuüben, welche im Alltag Wirkung zeigen können.

Der Beziehungscoach übernimmt keine Verantwortung in der Lösung der Probleme, er oder sie gibt dem Paar aber Werkzeuge in die Hand um die Konflikte selbst zu lösen

Montag, 21. Januar 2019

In der Beziehung keine Kompromisse machen!


Häufig liest man in Beziehungsratgebern den Tipp, dass man in Beziehungen Kompromisse machen müsse. Der amerikanische Paartherapeut David Schnarch rät davon ab.

Schnarch vertritt die Ansicht, dass Kompromisse nur den Zeitpunkt hinauszögern, an dem in das Paar Farbe bekennen muss, ob und wie es das gemeinsame Leben weiterführen will.

Wir gehen in einer romantischen Vorstellung fälschlicherweise davon aus, dass zwei Liebende füreinander geschaffen sind. Spätestens nachdem aber die hormongesteuerte Verliebtheit abgeklungen ist, wird das Paar feststellen, dass sie zwei verschiedene Personen mit verschiedener Sozialisation und verschiedenen Werten sind.


Tauchen die ersten Konflikte auf, versucht das Paar häufig mit Hilfe von Verzicht oder Kompromissen weiterhin in der Komfortzone der Verliebtheit zu bleiben. Dies schafft aber auf Dauer nur, wer sehr leidensfähig ist. Irgendwann kommt der Konflikt, in dessen Verlauf nicht mehr verzichtet werden kann und auch kein Kompromiss mehr möglich ist. Das ist der Moment, in dem all die kleinen Demütigungen, welche durch Verzicht und Kompromisse erzeugt wurden, lawinenartig über das Paar hereinbrechen.


Eine Lawine aus all den kleinen Peanuts, welche einzeln betrachtet als zu unwichtig angesehen wurden um einen Konflikt zu provozieren, können in ihrer Gesamtheit eine Beziehung hinwegfegen. Da wird alles ausgepackt, was irgendwann einmal geschluckt wurde. Und das ist in jeder Beziehung auf beiden Seiten zwangsläufig einiges.


Schnarch plädiert nun dafür, dies nicht geschehen zu lassen, indem das Paar sehr früh das Erreichen der kritischen Masse zulässt. Mit der kritischen Masse meint er den Moment, in dem die Angst und der Druck nicht mehr verdrängt werden können und eine fundamentale Veränderung möglich wird. Je später das geschieht, umso heftiger und unkontrollierbarer wird diese Veränderung sein.


Das Paar, welches also schafft diesen entscheidenden Punkt früh zu erreichen, gewinnt in jedem Fall. Vielleicht merkt es, dass es nicht zusammenpasst und trennt sich zu einem Zeitpunkt, in dem die Demütigungen noch nicht so tiefe Spuren hinterlassen haben, dass es als Feinde auseinandergeht.

Oder es rauft sich zusammen und akzeptiert seine Verschiedenheit. Ein Paar welches das schafft und beschliesst weiterzumachen, hat gute Chancen auf ein gelingendes Leben - auf eine gelingende Liebe.

Das Paar welches diesen Punkt gemeinsam überwindet, wird merken, dass es wichtig ist sehr differenziert mit der Verschiedenheit der beiden Partner umzugehen. Im Idealfall sucht es sich einen Coach um die wichtigen Punkte zu klären oder einen Therapeuten, wenn schon sehr tiefgreifende Verletzungen passiert sind.


Kompromisse bilden ein Kartenhaus, welches irgendwann zusammenfällt. Einen Partner zu lieben heisst, sich mit seinen und meinen schwierigen Seiten auseinanderzusetzen, sobald die Verliebtheit vorbei ist.

David Schnarch -Intimität und Verlangen, 2011 Klett – Cotta Verlag, Stuttgart

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Montag, 14. Januar 2019

Eine gelingende Beziehung



Romantik bedeutet nicht händchenhaltend den Sonnenuntergang zu betrachten – Romantik heisst seinen Partner/seine Partnerin nach der x-ten Krise und nach dem x-ten Konflikt um irgendeine Nichtigkeit erneut in die Arme zu nehmen und ihm/ihr seine Liebe zu schenken.


Wie die Liebe beginnt wissen wir genau, unzählige Hollywood-Romanzen haben es uns vorgemacht. Viel weniger wissen wir, wie es mit der Liebe weitergeht. Eigentlich schwebt uns die romantische Variante vor, mit dem richtigen Partner für den Rest des Lebens glücklich und zufrieden auf möglichst viele romantisch Sonnuntergänge zu warten – irgendwann mit zwei bis drei Kindern auf der Terrasse des eigenen Hauses. Eine umfassend glückliche und treue Partnerschaft!

So funktioniert es nicht!

Es gibt keine umfassend glücklichen Partnerschaften – es gibt nur gelingende oder eben nicht gelingende Partnerschaften. Wobei dies nichts damit zu tun hat, ob zwei Partner zusammenbleiben oder nicht. Auch eine Paar dass sich trennt, kann eine gelingende Partnerschaft erleben. Dann nämlich, wenn das Paar es schafft ihre Beziehung in Würde aufzulösen und falls Kinder da sind, diesen weiterhin gute Eltern zu sein, welche gemeinsam zum Wohl der Kinder handeln.

Natürlich denkt man bei einer gelingenden Partnerschaft aber in erster Linie nicht an Trennung, sondern an eine langjährige spannende und herausfordernde Beziehung, welche auch nach dreissig Jahren noch an Tiefe gewinnen kann.

Dazu bedarf es dreier Faktoren:



-          Die Partner bleiben eigenständige Persönlichkeiten, die in erster Linie Liebe geben und nicht darauf warten Liebe zu erhalten. Ich muss für mich sorgen können, mich selbst trösten, wenn es mir schlecht geht und nicht nervös werden, wenn der Partner den Boden mal unter den Füssen verliert. Vor allem muss ich aber Geduld haben und warten können, wenn mein Partner Zeit braucht um meine Bedürfnisse und Anliegen zu verstehen.



-          Das Paar bleibt ein Liebespaar, welches gemeinsam immer wieder erotisch-sinnliche Abenteuer erlebt. Sobald das erste Kind auf die Welt kommt, verwandelt sich das Liebespaar in ein Elternpaar und die erotisch-sinnliche Seite geht nach und nach verloren. Es ist wichtig, dass dieser Aspekt weiter gepflegt wird. Der erotische Abend, das erotische Wochenende an dem wir nur Zeit für uns zwei haben m
uss von Anfang an eingeplant werden. Da müssen die Kinder zurückstehen und ab und zu mal beim Götti oder bei Grossmama schlafen.



-          Das Paar bewältigt die alltagspraktischen Umstände partnerschaftlich. Angefangen bei der Kinderbetreuung, über das Wäsche bügeln bis hin zum Abfall entsorgen wird der Alltag gemeinschaftlich und gerecht aufgeteilt.



Sind diese drei Punkte erfüllt, stehen die Chancen nicht schlecht. Was nun noch dazukommt ist die Fähigkeit des Paares ihr gemeinsames Leben zu reflektieren - vor allem die unvermeidlichen Konflikte und Krisen. Da eine solche Reflexion sehr anspruchsvoll ist, hilft die Inanspruchnahme eines Beziehungscoaches ungemein. Wer in der Phase der Beziehung, in der alles eigentlich noch gut läuft eine solche Hilfe in Anspruch nimmt, wird erleben, wie positiv sich das auswirkt.



Doch all das ändert nichts an der Tatsache, dass sich die allumfassende Liebe nur in Momenten zeigt. Aber solange ich mir sicher bin, dass ein solcher Moment in absehbarer Zeit wieder kommt, solange bin ich bereit in eine Beziehung zu investieren.



Dann kann die Beziehung gelingen!
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