Freitag, 27. Januar 2017

Die Beziehung bleibt immer das erste Kind

In einer Schweizer Zeitschrift wurden letzthin Paare gesucht, welche nach dem Flügge werden der Kinder ein neues Leben begonnen haben - sich ganz neu erfunden oder ihr Leben umgekrempelt haben, je wilder desto besser. Natürlich bietet die ökonomische Unabhängigkeit der Kinder jedem Paar ganz neue Lebensperspektiven. Der oben beschriebene Aufruf suggeriert aber, dass es eine Zeit gibt, in der die Kinder absolute Priorität haben müssen.
Dieses Bild ist falsch! Die Beziehung muss immer das erste Kind in einer Beziehung bleiben, denn Kinder brauchen sich liebende Eltern. 

Eine Mehrzahl der Paare befindet sich zum Zeitpunkt der Geburt des ersten Kindes seit mehr als fünf Jahren in der Beziehung. Die Beziehungsforschung hat nun nachgewiesen, dass jede Beziehung nach fünf Jahren als Langzeitbeziehung angesehen werden muss. Die Verliebtheit ist definitiv vorbei, die Beziehung rechtfertigt sich nicht mehr ihrer Selbst willen, die Zahl der sexuellen Kontakte nimmt drastisch ab. Wenn nun in dieser Phase das erste Kind zur Welt kommt, bietet dies einen willkommenen Grund sich vom von Liebespaar zum Elternpaar zu wandeln. Dieser Wechsel legitimiert das Hintenanstellen der Liebesbeziehung – es ist vermeintlich nichts anderes als normal nun die Kinder in den Vordergrund zu stellen. Die fehlenden Paarmomente können damit gut entschuldigt werden.

Der oben beschriebene Aufruf in der Zeitschrift suggeriert, dass man die Beziehung spätestens wenn die Kinder flügge werden, wieder aktivieren kann. Schon manches Paar musste aber schmerzlich feststellen, dass ihnen die Liebesbeziehung während der Elternzeit abhanden gekommen ist. Die Illusion nach der Kinderphase wieder als Liebespaar weiterzumachen, ist genauso falsch wie diejenige, dass man seine Lebensträume nach der Pensionierung nachholen könne. Beni Turnheer, der bekannte Fernsehmoderator, hat in einem Interview über die Trennung von seiner langjährigen Partnerin gesagt: Als unsere beiden Söhne ihr Studium abschlossen, haben wir festgestellt dass uns nun nichts mehr miteinander verbindet. Diesem Beni-Turnheer-Syndrom fallen immer mehr Beziehungen zum Opfer. Die Zahl der Trennungen erreicht in der Nach-Eltern-Phase einen neuen Höhepunkt. Dann wenn die Paare definitiv merken, dass von der Leidenschaft nichts übrig geblieben ist.

Wer also plant, die Leidenschaft nach 20 Elternjahren wieder zu entflammen, wird scheitern. Liebe und Beziehung muss sich ständig neu erfinden, nach 5 Jahren, nach 10 Jahren, nach 15 Jahren. Nur wenn Beziehung ständig spannend bleibt, das Paar seine individuellen sexuellen Identitäten auslotet, sich auf spannende Beziehungs-Reisen begibt, Neues wagt, nur dann kann Leidenschaft Jahrzehnte überdauern.
Die Beziehung kommt dabei im Leben der Familie immer an erster Stelle. Den Kindern macht es nämlich überhaupt nichts aus, erst an zweiter Stelle zu stehen, wenn sie dafür im Gegenzug sich liebende Eltern haben. Wer eine gute Beziehung lebt, spart sich alle Erziehungsratgeber.  

In unserer heutigen Gesellschaft wird leider meist der umgekehrte Ansatz gelebt. Es ist vermeintlich einfacher die Kinder als Objekt in den Mittelpunkt zu stellen und die Paarbeziehung hintenan. Machen Sie es umgekehrt, Ihre Beziehung und Ihre Kinder werden es Ihnen danken.

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