Erziehungsratgeber haben in den letzten Jahren Hochkonjunktur. Erziehung wird immer mehr zu einer Glaubensfrage. Das Projekt Kind wird zum dominierenden Mittelpunkt des elterlichen Lebens. Man möchte schliesslich das Beste für das Kind. Aber was braucht das Kind denn wirklich?
Kinder brauchen sich liebende Eltern!
Wenn die Eltern eine lebendige, aktive und ko-evolutionäre
Beziehung leben, geht es den Kindern gut. Eltern, die sich für ihre Kinder
aufopfern und die Beziehung vernachlässigen, tun den Kindern keinen Gefallen.
Die Kinder sind viel zu feinfühlig um sich von irgendwelchen Erziehungstricks
beeindrucken zu lassen. Sie spüren genau, wie es um die Beziehung zwischen Mama
und Papa steht. Es gibt nichts Beruhigenderes für ein Kind, als wenn es sich
der Liebe zwischen Mama und Papa sicher sein kann. Statt Erziehungsratgeber
wären Beziehungsratgeber viel effektiver.
Das herausfordernde an unseren Lebensentwürfen ist, dass Kinder
oft nach dem fünften Jahr einer Beziehung auf die Welt kommen. Aus der
Beziehungsforschung ist bekannt, dass jede Beziehung nach fünf Jahren merklich
abkühlt, die sexuellen Aktivitäten nachlassen und die negativen Seiten des
Partners langsam mindestens gleich bedeutend werden wie die positiven. In
dieser Phase der zunehmenden Beziehungsprobleme kommt nun das erste Kind zur
Welt. Das einstige Liebespaar wird zum Elternpaar, das Kind definiert künftig die
Familie und den Zusammenhalt.
Wenn ein Paar offen sagt, dass ihre Liebesbeziehung ihr
erstes Kind sei und das wirkliche Kind erst an zweiter Stelle komme, muss es mit
konsternierten Blicken rechnen. Das grösste Geschenk, dass wir unseren Kindern aber
machen können, ist, dass wir uns als Mann und Frau lieben und uns auch Zeit und
Raum für diese Liebe nehmen. Sogar wenn sich ein Elternpaar trennt, wird das
Kind trotz dieses schwierigen Umstandes keinen Schaden nehmen, solange sich die
beiden Elternteile in Achtung verbunden bleiben.
Kinder holen sich so viel Zeit und Aufmerksamkeit von den
Eltern, wie sie können. Sie brauchen aber zum Glück nicht so viel wie sie
wollen. Eltern dürfen sich mit gutem Gewissen ein gutes Stück aus dem
Zeitkuchen herausnehmen um Beziehung zu leben. Qualitiy-Time muss es in der
Beziehung ebenso geben wie mit den Kindern. Solche Qualitiy-time ist nicht
planbar, wir sollen ihr aber Raum bereiten durch unstrukturierte Familien- und
(Paar-)Beziehungszeit.
Der Beziehungsabend jede Woche sollte Pflicht sein für jedes Paar. Dieser
Abend wird so geplant, dass das Paar keine Verpflichtungen hat und die Kinder
zeitig im Bett sind. Das wird nicht jedes Mal klappen - aber immer öfter. Und
dann lässt man die Zeit wirken und geniesst es miteinander. Genauso braucht es
ab dem ersten Lebensjahr des Kindes Paarwochenenden und wenn die Kinder etwas
grösser sind jährlich eine Paarferienwoche. Kinder geniessen Ferien bei
Grosseltern, dem Götti, der Gotte oder bei Freunden. Das Paar wird wieder zu
einem Liebespaar ohne Verpflichtungen und ohne Verantwortung. Elke Heidenreich
nennt es in einer Erzählung treffend «Der Welt den Rücken…».
Jedes Mal wenn uns das gelingt, machen wir eine grosse
Einzahlung auf unser Beziehungs- und Glückskonto…Unsere Kinder werden es uns einst
danken!
www.zeller-baumeler.ch
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